
Schritt für Schritt erklärt, wie man die Durchbiegung von Konstruktionsprofilen unter Lasteinwirkung berechnet.
Konstruktionsprofile sind hochbelastbar. Das bedeutet aber nicht, dass diese bei Lasteinwirkung nicht durchbiegen. Wir erklären an einem praktischen Beispiel Schritt für Schritt wie man berechnet wie stark ein Profil durchbiegt.
Die Tragkraft von Konstruktionsprofilen lässt sich im Grunde recht einfach berechnen. Dazu muss man wissen, dass die Tragfähigkeit im Wesentlichen davon abhängt, wie viel Last auf ein Profil oder eine Konstruktion einwirken darf, ohne dass das Profil zu stark durchbiegt oder schlimmstenfalls sogar mit einer dauerhaften Verformung zu rechnen ist.
Wie stark ein Konstruktionsprofil durchbiegt, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben konstanten Werten, sind hier die physikalischen Werkstoffeigenschaften, aber auch das Eigengewicht und die Länge des Profils, sowie der Last, die dieses später tragen soll zu berücksichtigen.
Die Formel zu Durchbiegung basiert auf der klassischen Biegetheorie für einen Balken oder, wie uns unserem Fall, ein Profil, der mit einer gleichmäßig verteilten Last belastet wird. Die Biegung eines Profils ist proportional zur Belastung, der Länge des Profils und dem Elastizitätsmodul des Werkstoffs sowie umgekehrt proportional zum Trägheitsmoment des Querschnitts. Einfacher formuliert heißt das, dass ein identisches Profil mit zunehmender Länge stärker durchbiegt.
Die Art und Weise, wie das Profil montiert wird, wirkt sich ebenso auf die Belastbarkeit aus, wie die Lastverteilung. Wird das Gewicht über die gesamte Profillänge gleichmäßig verteilt, biegt dieses weniger deutlich durch, als wenn das gleiche Gewicht punktuell auf die Mitte der Länge einwirkt. Ein beidseitig aufgelegtes Profil wird stärker durchbiegen, als ein beidseitig fest montiertes Profil bei gleicher Belastung. Bei einseitiger Montage ist der Faktor der Durchbiegung sogar noch höher. Hierfür kommen konstante Werte zum Einsatz, die bei der Berechnung einfließen.
Das klingt alles sehr kompliziert, aber wir werden uns der Berechnung der Durchbiegung Schritt für Schritt nähern und alle Faktoren dazu genau unter die Lupe nehmen.
Bevor wir die Durchbiegung der Profile berechnen können, brauchen wir Informationen, wie hoch die Belastung ausfällt. Dabei sollte man berücksichtigen, dass die Kraft der Lasteinwirkung in Newton (N) angegeben wird. Das Gewicht hingegen ist eine Masse, die wiederum mit Kilogramm (kg) angegeben wird. Der Zusammenhang zwischen Kraft und Masse wird durch das Gravitationsgesetz bestimmt. Das bedeutet, dass wir die Masse (Kilogramm) in die Kraft (Newton) umrechnen müssen. Ein Newton entspricht nämlich nicht einem Kilogramm, so dass wir hier die Gravitationskonstante mit einbeziehen müssen. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um die Erdanziehungskraft, denn es ist wohl davon auszugehen, dass die Konstruktionen auf der Erde und nicht auf dem Mond oder Mars errichtet werden sollen, wo der Wert der Gravitationskonstante deutlich geringer ausfällt.
Unterschieden wird dabei die Durchbiegung durch die Kraft des Eigengewichts des Profils und der Durchbiegung, verursacht von der Kraft eines zusätzlichen Gewichts, welches ebenfalls auf das Profil wirkt. Dazu müssen die beiden wirkenden Kräfte ermittelt werden.
Zur Ermittlung der Gewichtskraft des Eigengewichts, muss die Profillänge mit dem Gewicht pro Meter multipliziert werden. Alternativ kann man das Profil in der gewünschten Länge auch einfach wiegen. Das Ergebnis wird abermals mit der Gravitationskonstante multipliziert. Damit wäre die Berechnung abgeschlossen.
Die Formel zur Berechnung der Gewichtskraft
Bei einem 2 Meter langen Konstruktionsprofil 40x40mm Nut 8 mit einer Masse von 1,207kg pro Meter sieht die Formel wie folgt aus.
Die Kraft die auf das Profil zusätzlich zum Eigengewicht einwirkt, wird durch eine einfache Multiplikation des Gewichts mit der Gravitationskonstante ermittelt. Wird die Konstruktion, oder das spezifische Profil nicht zusätzlich belastet, ist der Wert zur Berechnung der Gesamtdurchbiegung nicht erforderlich.
Die Formel zur Berechnung der Gewichtsbelastung
Bei einem zu erwarteten Maximalgewicht von 100kg, dass auf das einzelne Profil einwirkt, ergibt sich folgende Berechnung.
Jetzt, wo wir die Kraft der Lasteinwirkungen kennen, können wir uns der wirklich wichtigen Berechnung widmen. Der Biegung eines Profils. Dazu brauchen wir, wie in der Einleitung erwähnt zusätzliche Werte, ohne die eine Berechnung nicht möglich wäre. Das Elastizitätsmodul des verwendeten Aluminiums in einer EN AW 6063 T5 Legierung beträgt 69GPa (69.000MPa), was umgerechnet 69.000N/mm² ergibt. Dieser physikalische Wert ist Materialabhängig und somit bei allen drei Profilgrößen, die wir anbieten, identisch. Die Profillänge kennen wir ja schon, sonst hätten wir die Gewichtskraft des Eigengewichts nicht errechnen können. Da das Trägheitsmoment als Maß für die Biegeeigenschaften des Querschnitts vom bestimmten Profil abhängt, müssen wir diesen Wert in den technischen Angaben zu diesem Profil ermitteln.
Bei diesen Formeln kommen auch feste Faktoren zum Einsatz. Diese beziehen sich auf die Geometrie der Biegung und sind das Resultat der Berechnungen, die das Profil in seiner spezifischen Belastungsform berücksichtigen. Klingt erst mal nicht verständlich. Bei einer punktuellen Last wirkt diese mit dem gesamten Gewicht auf einen kleinen Bereich, beispielsweise in der Mitte des Balkens. Wird dieses hingegen über die gesamte Länge verteilt, fällt die Durchbiegung geringer aus. Wird das Profil an einer oder beiden Seiten fest montiert, verändern sich diese Parameter nochmal. Mit konstanten Zahlenwerten, die an festgelegten Stellen in der Formel eingesetzt werden, erreichen wir eine korrekte Berechnung. Das bedeutet, wir müssen erst mal wissen, wie das Profil montiert wird. Außerdem müssen wir uns klar über die Art der Belastung werden, aber Achtung - Bei der Belastung durch Eigengewicht handelt es sich immer um eine gleichmäßige Lastverteilung. Ist auch logisch, schließlich verteilt sich das Gewicht gleichmäßig über die gesamte Länge eines Konstruktionsprofils.
Die Durchbiegung δg ist die maximale Verformung des Profils aufgrund seines Eigengewichts. Sie hängt stark von der Profillänge und der Geometrie des Querschnitts ab. Ein längeres Profil wird stärker durchbiegen. Bei gleicher Länge wird auch ein dünneres Profil mit geringerem Trägheitsmoment I mehr unter der gleichen Eigenöast durchbiegen. Bleiben wir bei dem Beispiel von oben und nehmen eine beidseitig feste Montage an, so ergibt sich nachfolgende Formel mit den Faktoren 5 für die Gewichtskraft und 384 für das Elastizitätsmodul. Da das Eigengewicht nicht auf einen Punkt wirkt, sondern über die gesamte Länge verteilt wird, müssen wir die Flächenlast q ausrechnen, um zu sehen wie viel Newton Last auf einen Millimeter wirken. Das geht ganz einfach und ließe sich auch problemlos in die große Formel integrieren, aber für das bessere Verständnis trennen wir das auf.
Die Formel zur Berechnung der Flächenlast
Bei einem 2 Meter langen Konstruktionsprofil 40x40mm Nut 8 mit einer Gewichtskraft Fg von 23,68N sieht die Formel wie folgt aus.
Nun kennen wir alle Parameter zur Ermittlung, wie stark das Profil durchbiegt. Die Konstanten und errechneten Werte können wir nun in die nachfolgende Formel eingetragen. Aber Achtung - Bei der Länge muss bei einer gleichmäßigen Lastverteilung die vierte Potenz ermittelt werden. Zu Erklärung. Bei der vierten Potenz wird die Zahl miteinander multipliziert. Das Ergebnis wird abermals mit der gegebenen Zahl multipliziert und dann noch ein weiteres mal. 2000 * 2000 * 2000 * 2000 = 16.000.000.000.000 oder 1,6e+13.
Die Durchbiegung δg ist die maximale Biegung des Profils aufgrund seines Eigengewichts.
Ohne zusätzliches Gewicht, also allein aufgrund des Eigengewichts, wird das 40mm Konstruktionsprofil höchstens einen halben Millimeter durchbiegen. Bei einem Bettgestell wird das Profil jedoch zusätzlich durch das Gewicht der Matratze, dem Bettzeug und dem Körpergewicht belastet. Nehmen wir eine Summe von 100kg an. Diese verteilt sich grob gesagt der Länge nach, also kann man hier eher von einer gleichmäßigen Verteilung ausgehen. Das Vorgehen ist dabei identisch.
Die Formel zur Berechnung der gesamten Flächenlast
Die Berechnung der Durchbiegung durch die gesamte Flächenlast
Eine Durchbiegung von 2,1cm klingt erst mal viel, hat aber tatsächlich keine Auswirkungen auf die Verformung. Zudem wird die Last ja keineswegs nur auf dieses eine Profil wirken, sondern ringsherum um das Bettgestellt verteilt. Nichts desto trotz ist es möglich, dass man mittig einen zusätzliche Stütze montiert, um der Durchbiegung entgegen zu wirken. In diesem Fall wäre die Durchbiegung der jeweiligen 1000mm Längen zwischen den Befestigungs- und Stützpunkten mit etwa 1,2mm erheblich niedriger.
Die Formel zur Durchbiegung bei zentraler Punktlast einer beidseitigen Montage
Setzen wir mal die gleichen Randparameter ein, also 100kg, bzw. 981N bei einem 2 Meter Konstruktionsprofil 40x40, Nut8.
Ein 2000mm langes 40x40 Konstruktionsprofil wird bei beidseitiger Montage folglich maximal 34mm durchbiegen, wenn dieses in der Mitte mit einem zusätzlichen Gewicht von 100kg belastet wird. Damit sind wir nun fertig. Ob die Durchbiegung Auswirkungen auf die Formstabilität hat und sich dauerhaft verformt, ist eine ganz andere Berechnung, die wir in einem weiteren Blogartikel erklären. Wir können an dieser Stelle aber schon verraten, dass bei einer beidseitigen Befestigung und einer punktuellen Lasteinwirkung ein Gewicht von weniger als 140kg nicht zu einer dauerhaften Verformung unseres 40mm Profils in 2 Meter Länge führt. Bei einer gleichmäßigen Lastverteilung gilt sogar eine Lastobergrenze von rund 285kg.
Wir hoffen, dass die Erläuterungen zur Berechnung die Durchbiegung unserer Konstruktionsprofile hilfreich und nachvollziehbar sind. Die Formeln sind allgemein gültig, allerdings müssen die konstanten Werkstoffparameter verändert werden. Auf diese Weise kann auch die Durchbiegung eines Holzbalkens, einer MDF-Platte oder einer Gipskartonplatte errechnet werden, was vor allem bei der Altbau-Sanierung in Eigenleistung nützlich sein kann. Die erforderlichen Angaben findet man üblicherweise in den Datenblättern der Hersteller.
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Euer Sascha von S-Polytec